Der Morgen ist ein Traum und gestaltet sich so, wie ich es liebe. Draußen ist es noch still. Nur hin und wieder braust ein Fahrzeug die nahe Straße entlang und hinterlässt ein sausendes Geräusch. Schwalben fliegen aufgeregt und nach Beute schnappend durch die Luft und lassen sich mal auf dieser und mal auf jener Leine nieder. Ich genieße diese Atmosphäre. Ist es doch mein letzter Morgen allein an Bord.

Durch die alten Gardinen meines kleines Schiffes stiehlt sich jetzt das kräftige Orange der langsam aufgehenden Sonne. Für mich ein Zeichen, aus der Koje zu kommen und dem alltäglichen Schauspiel meine Aufmerksamkeit zu Teil werden zu lassen. Ich liebe das Licht, die Farben und die Stimmung am Morgen. Es ist so besonders friedlich, da nur wenige Menschen freiwillig so früh ihre warmen Decken aufgeben und durch den Hafen stromern.

Findus‘ Deck ist feucht vom Morgentau und eine herbstliche Frische liegt in der Luft. Es duftet nach Salzwasser, feuchter Erde und saftigem Grün. Augustenborg liegt umgeben von Natur und ich muss gestehen, mir gefällt der Hafen. Wenngleich er auch wenig zu bieten hat, so hat er doch alles, was zumindest ich hier brauche.

Noch bin ich allein. Und ich bin frei in dem, was ich tue und tun möchte. Ich muss keine Rücksicht nehmen auf eine noch schlafende Crew und ich kann ohne schlechtes Gewissen einfach sein. Ich muss mich nicht anpassen und keine unliebsamen Kompromisse eingehen. Ich brauche keine Absprachen, keine Erklärungen oder Rechtfertigungen. Ich bin einfach frei und ich selbst und ich genieße es.

Meine Jungs kommen gegen 9 Uhr und bringen Frühstück mit. Ein kurzer Schwatz, ein kleiner Rundgang im Hafen und schon fährt der Ältere wieder mit dem Auto zurück und der Jüngere richtet sich für die kommenden vier Tage ein. Ein ungewohntes Chaos im sonst so aufgeräumten Bauch meines Schiffes.

In der Betonnung möchte ich nicht segeln. Zu schmal ist es und außerhalb des Tonnenstrichs wird es schnell flach. Auch wenn ich im Bøgestrøm und um Vordingborg rum nun ausreichend im Flachwasser unterwegs war, so möchte ich doch kein Risiko eingehen und lasse Lennart den Weg bis zum Ende des Fahrwassers unter Maschine fahren.

Auch er segelt gern und kennt sich aus. Wobei er, im Gegensatz zu mir, eher sportlich ambitioniert ist und der spärliche Wind von achtern ihn nicht gerade in euphorische Sphären treibt.

Eher gemütlich segeln wir vorm Wind kreuzend die rund 12 Meilen durch den Alsfjord und unterhalten uns über diese und jene Möglichkeit des Segelns, über Vorzüge und Nachteile neuer und alter, großer und kleiner Boote und die entstehenden Kosten für Anschaffung und Unterhalt. Seine Gründe sind andere, doch eine Segelyacht möchte er später auch haben.

Die Engstelle vor den Häfen der Dyvig liegt ruhig und idyllisch da und es ist ein komisches Gefühl, auf dem eigenen Boot nur mit zu sein. Wenn sonst Heinrich den Kurs hält, braucht es mich doch, um Augen und Ohren offen zu halten und mögliche Kursberichtigungen vorzunehmen. Doch hier, mit meinem jüngeren Sohn an der Pinne, muss ich gar nichts mehr tun.


Für einen kurzen Moment kann ich das aushalten, doch es fällt mir sichtlich schwer, das Zepter völlig aus der Hand zu geben und mich blind auf eine andere Person an Bord zu verlassen. Den Anleger fahre ich dann wieder selbst und manövriere Findus so langsam und ruhig und nicht ohne die grinsende Frage meines Sohnes, ob wir denn heute noch ankommen, wie immer in eine freie Box.












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