Ein Ort, der mich bis heute in Unwohlsein verharren lässt. Diese eine Nacht im Hafen von Sønderborg, von der ich glaube, vor gut acht Jahren jene Weichen falsch gestellt zu haben, die mich einen weiten Umweg zu mir selbst haben fahren lassen. Lange Zeit konnte ich nur mit grämenden Gefühlen dort anlegen und mich nicht wirklich auf den Zauber meiner inneren Freiheit besinnen.

Die Frage heute ist, wie gehe ich damit um? Habe ich noch immer dieselben Bedenken und ziehe mich in mich selbst zurück? Oder überwinde ich meine Zweifel und starte einfach von neuem? Gebe dem Hafen von Sønderborg und mir eine neue Chance und überschreibe alte Erinnerungen mit den Hier und Heute?

Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt heute Ablegen möchte und meinem ersten Impuls folgend, wäre ich wohl gar nicht erst losfahren. Zu müde, zu schlapp und zu erschöpft von den unzähligen und unerledigte Dingen an Land fehlte mir due Motivation.

Doch anderseits sind heute perfekte Bedingungen und on Top habe ich die Möglichkeit Freunde in Sønderborg zu treffen. Die Möglichkeit also genau das zu tun, von dem ich mir immer wünsche, dass es sich ergibt. Segeln, Ankommen und im Gasthafen an Bord mit Gleichgesinnten zusammensitzen und den Segeltag ausklingen lassen. Wie kann ich also immer auf etwas hoffen und wenn es sich dann bietet ablehnen?

Nein, nach einigem Zögern mache ich mein Boot klar und lege ab. Einfach mal raus. Ich will nicht immer nur die Innenförde sehen. Nicht immer nur zu den Ochseninseln und wieder zurück. Ich möchte an Bord übernachten und ich möchte die Außenförde sehen.

Der Wind weht nur spärlich und in Anbetracht meiner heutigen Verabredung wechsle ich zwischen schneller Motorfahrt und langsamen Vorankommen unter Segeln hin und her. Mal stehe ich nahezu mit unter einem Knoten Fahrt im Boot und mal knattert Findus unter Maschine durchs Wasser.

Die Stille ist dennoch allgegenwärtig, selbst wenn der Harry vor sich hindröhnt. Es sind nur wenige Schiffe draußen. Hier und da ein kahler Mast und hin und wieder ein schlackerndes Segel. Die Saison ist noch zu jung und noch ist nicht viel los.

Sønderborg ist einer der ersten Häfen, die ich vor acht Jahren kennengelernt habe. Freunde aus der alten Heimat lagen damals fest mit ihrer „HoBozwo“ hier im Hafen und so manches Wochenende kam ich mit meinen Kindern hier her. Der Hafen birgt nicht nur ungute Gefühle, doch das bemerke ich erst jetzt.

Svenja steht bereits am Steg und erwartet mich. Zwar sind sämtliche Boxen noch frei, doch Findus ist schmal und ich möchte keine zu breite Box belegen. In Sønderborg zahlt man nach Breite und finanziell bin ich gerade etwas knapp, sodass ich froh darüber bin, nicht lange nach der günstigen Variante suchen zu müssen.

Ein freudiges Hallo, ein schnelles Klarschiff machen und eine kurze Runde über den Steg. So sehr ich mich auch über Gesellschaft freue, so ist es mir doch wichtig, das Licht der Abenddämmerung einzufangen und festzuhalten.

Wie schön es hier ist. So leer. So ruhig. So menschenleer. Sønderborg ist eher das, was man wohl einen Familienhafen nennen kann. In der Hochsaison schallt von überall her das spaßige Gelächter unzähliger Kinder und das klirren der Flaschen und Gläser an Bord. Als Einhandsegler ist das schon lange nicht mehr meine Welt, was wohl ein weiterer Grund zur Vermeidung des Hafens war.

Doch heute komme ich hier an. Nicht nur physisch mit meinem Boot. Auch mental spüre ich, dass ich heute richtig hier bin.

An Bord der Charteryacht „Børge“ gibt es ein schlichtes, aber typisch dänisches Hotdog und innerlich muss ich darüber schmunzeln. Es ist die Einfachheit, die mich hier frei und ungezwungen fühlen lässt. Angekommen bei Freunden, hei Gleichgesinnten.

Sønderborg Marina hat heute für mich eine neue Qualität erhalten. Alte Denkmuster und traurige Gedanken sind überschrieben mit neuen und freudigen Erinnerungen. Mit Gesprächen und Bildern und der Tatsache, dass jedem Ort ein Zauber beiwohnt, der nur nicht immer zu jeder Zeit in seiner voller Kraft strahlen kann.

Der Abend ist ein Geschenk. Geschichten aus alten Zeiten werden aufgewühlt und über Erinnerungen wird gelacht. Doch leider gibt es auch traurige Nachrichten, denen ich in den kommenden Tagen nachgehen werde.










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