Ich vermisse es so sehr. Ich möchte so gern los und in Gedanken bin ich längst unterwegs. Doch mir fehlt die Kraft mich aufzuraffen und Findus segelklar zu machen. Stattdessen liege ich auf der Koje und fühle mich fremd. Das bin doch nicht wirklich ich. Wohin ist denn bloß meine ganze Energie verschwunden? Meine Begeisterung, mein Elan, meine Überzeugung?

Draußen ist es still, doch dann wieder pusten Böen durch den Hafen und pfeifen durch die Masten. Ist das zu viel Wind heute? Es ist mal wieder mehr wie auf Windfinder angesagt, doch ist es zu viel? Ich bin so unsicher und unentschlossen. Sie letzten Tage konnte man auf die Vorhersage locker fünf bis zehn Knoten mehr Wind rechnen und die Tatsache, dass man sich auf das Wetter nicht mehr verlassen kann, ist für die Törnplanung nicht wirklich hilfreich.

Es dauert ewig, bis ich mich aufraffen kann. Eigentlich wollte ich vormittags los, doch nun ist es bereits 16 Uhr. Lohnt sich das noch? Soll es einfach lassen? Ich bin doch müde. Zwei, drei Mal bin ich einfach eingeschlafen. Mir fehlt Ruhe. Mir die Muße zu sein. Und wo kann ich das mehr wie an Bord? Ich spüre die Diskrepanz in mir, nie richtig zu sein. Nicht für die Außenwelt und dann wieder für mich.

Was mit einer leicht dahin gesagten Reise zu mur selbst begann, endet gerade in unzähligen Veränderungen. In Trennungen und bewussten Entscheidungen. Mein Gewissen hängt dabei in einen Muster aus der Vergangenheit. In den Konditionierungen eines kollektiven Richtig und Falsch. Rechte und Pflichten. Eigenständigkeit, Selbstwirksamkeit und Verantwortung. Alles ist im Wandel und es ist nicht immer leicht hier die richtige Entscheidung zu treffen.

Doch es ist nunmal Fakt, ich lebe jetzt und jeder Tag verkürzt mein kleines Leben um weitere Stunden. Jeder Tag nimmt mir die Möglichkeit zu wachsen und mich zu spüren. Mich zu entwickeln und mich selbst zu finden. Verdammt noch mal nein. Ich will nicht noch einen Tag verschwenden und mich mit den Argumenten Dritter von meinem eigenen Leben und meinem Sein abhalten und,deswegen mache Findus jetzt doch fertig zum Auslaufen.

Es fühlt sich unsicher an. Findus‘ Bewegungen auf dem Wasser, sein Schaukeln und Vorwärts kommen erscheinen mir fremd. Ich spüre mein Boot nicht und mir fehlt die Verbindung. So writ ist es also schon gekommen. Ich habe mich bereits soweit von mir selbst entfernt, dass ich dort nicht spüre, wo mein Sein und meine Gefühle mir am stärksten zeigen wer ich bin.

Doch ich weiß, es braucht nur ein wenig Zeit und ich vertraue aus vorangegangenene Erfahrungen. Ich weiß, wir finden wieder zueinander. Wir werden wieder diese Einheit, die mich am Ende glücklich macht.

Der Törn ist grau und kalt, doch er ist genau richtig. Meine mich selbst hindernden Gedanken verflüchtigen sich langsam und Meile um Meile komme ich wieder bei mir an.

Innerlich trenne ich mich von jenem, was mir nicht gut tut. Ich stelle mich auf die Seite meiner Gefühle und gegen die Außenwelt. Ich weiß, dass das bedeutet noch schweigsamer zu werden und mein Mitteilungsbedürfnis einzuschränken. Doch was bringt es mir am Ende, wenn ich zwar reden kann, doch nicht wirklich verstanden werde und mir stattdessen das Gefühl vermittelt wird falsch zu sein? Nein, ich segle weiter für mich und mein Leben und höre auf für andere zu existieren. Ich füge mich einzig mir selbst und wachse, um aus meinem Selbst die Kraft zu schöpfen, die ich für ein Kollektiv wirklich brauche. Ich schütze mich gleichzeitig vor Falschheit und Zielen, die nicht meine sind. Mein Gewissen muss sich neu sortieren und lernen, die alten Muster nicht mehr zu bedienen.

Nach zwei, drei Stunden auf See spüre ich, wie ich mal wieder zusammen setze. Wie ich wieder ankomme und meine Energie von innen heraus nach außen dringt. Meine Selbstheilung ist aktiviert. Ich atme. Ich bin.




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