Ein Zusammenspiel aus unglücklichen Ereignissen und schon ist es passiert. Zu viel Wind von der Seite, der beim Rausfahren aus der Box den Bug meines Schiffes nach steuerbord drückt. Eine wohl leicht bewachsene Schraube, deren Reaktion leicht verzögert nicht schnell genug reagiert. Und Besuch an Bord, wodurch mein gewohnter Platz im Cockpit ungewohnt eingeschränkt ist und keine spontanen Bewegungen zulässt.

Findus ist langsam, zu langsam gerade. Der Bug treibt mir weg und vorwärts mit Schub nach backbord geht’s nicht, denn da ist mein Dalben im Weg und Findus würde direkt Schaden nehmen. Also versuche ich es rückwärts und lege das Ruder so, dass Findus‘ Heck nach steuerbord scheren soll. Mit dem Bug käme ich so nach backbord und könnte aus der Reihe fahren. Die Motorleistung meines Schiffes im Rückwärtsgang ist grundsätzlich eher mäßig, aber heute kommt sie mir noch geringer vor. Ob das an der leicht bewachsenen Schraube, dem Wind oder dem zusätzlichen und ungewohnt verteiltem Gewicht im Cockpit liegt, weiß ich gerade nicht. Doch ich muss handeln.

Vorwärts? Oder nochmal einen kräftigen Schub nach achtern? Sekunden entscheiden über das, was jetzt passiert. Findus ist zu langsam. Ich bin zu langsam. Vorwärts. Doch der Bug kommt nicht rum. Also noch mal rückwärts. Diesmal kräftig. Zu kräftig. In meinem Kopf schwirrt alles auf einmal. Schalten? Vorwärts? Rückwärts? Das Boot versuchen abzuhalten und weg zu drücken? Stop. Keine Verletzungen provozieren. Die beim Autounfall vor vier Monaten gebrochene Hand macht mir immer noch Ärger und noch so eine „Baustelle“ kann ich wirklich nicht gebrauchen.

Es kracht. Den Flaggenstab am Heck hat es zerlegt und er hängt nun nur noch an Holzfasern zusammen. Doch er ist am Heckkorb festgebungen, weshalb er nicht über Bord fallen kann. Schon einmal habe ich eine „Angie“, wie meine Nationale bei mir heißt, bei Wellengang irgendwo auf See verloren. Seitdem wird sie immer festgebunden. Lose und schlaff nehme ich sie aus der Halterung und lege sie erstmal ab. Die Leute auf ihren Booten im Hafen gucken.

Ich mache Findus am nahen Dalben fest. Ich will mich sortieren und meine Gedanken ordnen, bevor ich rausfahre. Ich teste die Schaltzüge. Vorwärts. Rückwärts. Reaktion ist da. Der Propeller offensichtlich dran. Das Ruder reagiert auch. Ich bewege es kräftig hin und her und spüre den Widerstand. Soweit ist alles gut. Wohl doch nur Bewuchs. Ich entscheide rauszufahren und draußen unter Volllast nochmal zu testen.

Heute ist Rumregatta und ich finde es immer schön anzusehen, wenn die alten Segler unter vollem Tuch einmal jährlich sich auf der Flensburger Förde präsentieren.
Findus reagiert auch jetzt unter Maschine normal und so mache ich mir erstmal keine Gedanken mehr und hisse die Segel. Den abgeknacksten Flaggenstab tape ich derweil mit Gaffertape und entspanne mich jetzt erstmal.

Irgendwann fällt mir jedoch auf, dass meine Seereling ungewöhnlich lose ist. Noch stelle ich allerdings keinen Zusammenhang mit meinem kleinen Crash im Hafen her und wundere mich nur. Ein kurzer Blick auf die Spanner verrät vollem Spannung und erst jetzt erkenne ich vollem Ausmaß meines missglückten Manövers.


Der Heckkorb ist achtern aus dem Süll gebrochen. Die Stelle muss eine Sollbruckstelle gewesen sein, denn schön lange zierten Rostspuren und Haarrisse die Stelle. Das Gelcoat ist gerissen, das,Laminat darunter gebrochen und der Heckkorb gestaucht und schief. Ich habe mein Boot kaputt gemacht. Ich habe Findus Schaden zugefügt.

Was für eine Scheiße. Das darf doch alles einfach nicht wahr sein. Einer meiner Albträume ist Realität geworden. Ausgerechnet Hafenmanöver. Ich mag sie einfach nicht. Und so locker wie ich nach außen gerne wirke, so entspannt bin ich nicht wirklich beim Ein- und Ausparken.

Doch es nützt nichts. Es ist passiert und lässt sich nicht ändern. Da muss ich jetzt durch. Erstmal die Regatta ansehen, dann zurück in die Box und überlegen, wie,es jetzt weiter geht.

Eine Fremdreparatur kann ich mir nicht leisten und so muss ich da alleine ran. Das gebrochene GFK muss ich rausfräsen und dabei darauf achten, dass vom Plastik nichts ins Wasser gelangt. Plastikboote sind nicht unbedingt Umweltfreundlich. Ein neues ab Werk würde ich mir nicht kaufen, hingegen ein altes zu restaurieren mir sinnvoll erscheint. Doch die kleinen und leichten Fasern des Laminats fliegen schnell umher.


Nein jüngerer Sohn, mittlerweile auch erwachsen, steht mir zur Seite und fängt ab, was ich alleine nicht schaffe. Meine linke Hand kann noch immer nicht richtig zupacken und in einigen Dingen brauche ich leider Unterstützung. Vielleicht wird sie es nie zu wieder 100% einsatzfähig und ich muss irgendwie damit klarkommen, nicht mehr so agieren zu können, wie ich es gern möchte.


Die defekten Stellen sind raus und Lennart hat von innen drei Schichten Glasfaser mit Epoxy laminiert. Ich selbst komme in die Backskiste nicht mehr rein. Die letzten Jahre sind ein paar Kilos dazugekommen und die machen sich jetzt bemerkbar. Ich ärgere mich darüber und beschließe künftig daran etwas zu ändern. Doch das,steht auf einem anderen Blatt.

Von oben spachtel ich das Loch mit 2K Spachselmasse zu und laminiere erneut drei Schichten Glasfaser drüber. Es sieht nicht perfekt aus und die Bedingungen sind unbedingt die besten, doch ich bin zufrieden.

Das bisherige Ergebnis kann sich meiner Meinung nach durchaus sehen lassen.


Das Gelcoat hat mir am meisten Sorge bereitet, da ich Bedenken hatte, die Farbe nicht entsprechend zu finden. Doch die RAL 9001 passt. Durch den Witterungs- und Altersbedingten Zustand sieht man zwar leichte Unterschiede, aber das ist mir egal. Findus ist jetzt 46 Jahre alt und seine Narben und Beulen darf man ruhig sehen.

Das Süll ist wieder ganz und nun fehlt nur noch der Korb. Ein Freund wollte mir da eigentlich zur Seite stehen, doch irgendwie ist das nicht zustande gekommen. Meine Enttäuschung darüber hat etwas gebraucht und die Neuorientierung ließ mich etwas zögern.

Den Korb einfach zu ziehen und zu hoffen ihn so in Form zu bekommen gat nicht funktioniert und alles nur verschlimmbessert. Da müssen Fachleute ran.

In der Trollseewerkstatt konnte der Korb nun gerichtet werden. Gesägt, geschweißt und in Form gebracht. Und was soll ich sagen? Er passt. Auch hier sind Spuren zurück geblieben, doch in Anbetracht der Tatsache, dass ich günstig davon gekommen bin, stören mich auch diese Narben bei Weitem nicht. Im Gegenteil, ich bin froh und dankbar, dass alles so problemlos und auf augenhöhe geklappt hat.

Findus ist wieder ganz. Und wer es nicht weiß, der sieht den Schaden nicht. Ich bin stolz auf mich, dass ich das als Laie so hinbekommen habe. Und ich bin dankbar für die Hilfestellungen, die ich bekommen habe und den Mut hatte anzunehmen.

Und jetzt freue ich mich darauf, bald wieder mit meinem Boot unterwegs sein zu können.
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