14. Juli 2025
Neue Kraft

Die letzten Tage waren anstrengend. Das klingt verrückt, denn schließlich waren es eigentlich nur chillige Hafentage. Doch ich war vollkommen erledigt und habe überwiegend nur auf meiner Koje gelegen und geschlafen. Mein Körper muss realisiert haben, dass ich mich nicht im Überlebens- und Funktionsmodus befinde und hat eigenständig auf Reset geschaltet. Es hat etwas gedauert mein System zu bereinigen und wieder hochzufahren.

Ich brauchte diese Ruhe und Abgeschiedenheit für mich allein. Kein Reden, kein Schreiben. Kein freundlich sein, kein so tun als ob und keine Kompromisse. Keine Menschen, kein Planen, kein nach dem Wind und Wetter gucken und keine Gedanken über das, was als nächstes zu tun sein könnte. Einfach nur da liegen und atmen und meinen Körper und Geist sich selbst regenerieren lassen.

Es ist nicht das erste Mal, dass es mir so ergeht. Erst wenn wirklich keinerlei Anforderungen von Außen mehr präsent sind, breche ich mental und körperlich so zusammen, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als mich neu zusammen zu setzen.

Nun ist der Wind der letzten Tage verweht und wie sollte es auch anders sein, ist ihm der Atem für heute mal völlig ausgegangen. Der wenige Druck in den Segeln trägt mich kaum merklich voran. Doch ich habe es nicht eilig. Im Schneckentempo schaukelt Findus durch die Sønderborger bugt und ich erfreue mich derweil an dem freien Blick ins Blaue. Es ist Montag und nur wenige Boote sind heute unterwegs. 

Es mag abgedroschen klingen, doch wenn ich den blauen Horizont sehe, während ich sanft von meinem Boot getragen werde, dann spüre so uendlich viel Dankbarkeit. Trotz all meiner doch oft recht mühseligen und nervenaufreibenden Lebensumstände bin ich einfach froh und glücklich darüber, mir selbst genau das hier ermöglicht zu haben.

Das ist es irgendwie, auf was es für mich ankommt. Mir selbst etwas gutes tun. Einfach weil ich es mir wert bin. Die Zeit mit mir alleine ist kostbar und ich schätze jede Minute. Dabei genau das tun zu können, was mir ein Gefühl von innerer Freiheit vermittelt ist dabei unendlich großes Glück.

Nicht selten hadere ich mit mir, weil ich gern weiter möchte. Weil ich mich doch immer wieder erwische, wie ich in irgendeinem unnötigen Vergleich gehe und dann enttäuscht bin, da ich nicht dieses oder jenes erreiche, was anderen Menschen vergönnt ist . Doch in Momenten wie diesem muss ich dann lächeln, weil ich einfach mit dem Hier und Jetzt zufrieden bin. Hey, ich bin hier und erlebe genau das hier jetzt. Wie geil ist das denn bitte?

Unter Maschine fehlt der Wind. Nicht nur für meine Segel, auch mir fehlt eine frische Brise auf der Haut. Die Luft steht, die Sonne brennt und das Thermometer klettert unaufhörlich nach oben. Vierzig Grad im Cockpit sind nicht wirklich angenehm.

Mal wieder steuert Heinrich, während ich mich ein wenig abkühle. Wieder und wieder schöpfe ich frisches und kühles Wasser aus der Förde und genieße die Wohltat, wenn meine Füße das kalte Wasser berühren. Und auch hier. Wie schön ist das bitte?

Es dauert nicht lange und ich erreiche die Innenförde. Hier bin ich eigentlich ja schon zu Hause. Keine zwei Stunden wären es noch, wenn ich die Maschine weiter laufen lasse. Doch nicht weit von der Schwiegermutter entfernt kommt etwas Wind auf. Halbwind. Ich setze die Segel und lasse mich ganz in Ruhe und gemächlich nach Hause tragen.

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