So richtiges Urlaubsfeeling will sich gerade zwar noch nicht wirklich einstellen, doch wir wollen auch in diesem Jahr mit Findus und Lille Bjørn in Flotille los. Etwas über drei Wochen haben wir jetzt Zeit, doch Pläne wo es hin gehen soll, haben wir keine und große Ansprüche in diesem Jahr auch nicht. Vielleicht geht es nur in dänische Südsee oder rund Fyn mit dem einem oder anderen Abstecher.

Ich war diesen Sommer bereits zwei Mal für ein paar Tage weg und mit Unterbrechung dann wieder zu Hause. Irgendwie bin ich noch gar nicht so weit für den dies Mal gar nicht so großen Sommertörn. Gerade war doch noch Winter und nun nähert der Sommer sich bereits dem Ende. Alles ging viel zu schnell und muss irgendwie an mir vorbei gegangen sein. Es fehlte Ostern und das Frühjahr und mein innerer Rhythmus scheint nicht ganz mitgekommen zu sein.

In diesem Jahr ist vieles irgendwie anders und meine innere Unsicherheit spiegelt sich auch im Umgang mit meinem Boot wieder. Einerseits möchte ich so gern raus aufs Wasser und Segeln. Ich möchte ähnliche Erlebnisse wie die Jahre zuvor machen. Möchte neue Häfen kennenlernen, mein Sein in der offenen Weite finden und Sonnenauf- und Untergänge sehen. Doch andererseits denke ich mir, wie kann ich das, was ich die letzten Jahre mit Findus erleben durfte überhaupt noch toppen? Will ich das denn? Höher, schneller, weiter? Will ich immer mehr von dem, was ich liebe oder möchte ich einfach nur weg und die Ruhe auf See und mein Boot genießen?

Schon wie ich aus dem Hafen fahre, merke ich, dass etwas anders ist wie sonst. Findus ist langsam. Nicht weil ich zu wenig Schub gebe, sondern weil irgendwas nicht zu stimmen scheint. Ich drücke den Gashebel voll durch, doch die Drehzahl geht nicht hoch. Die Geschwindigkeit stagniert. Irgendwas ist da nicht in Ordnung, denn mehr wie 3,5 Knoten schafft mein Schiff nicht mehr. Und such die Drehzahl geht nur noch bis 2400 U/min hoch, obwohl det Hebel bis zum Anschlag auf Vollgas steht.

Auch beim Segeln ist Findus nicht der Schnellste. Normalerweise kommen wir bei um die 15 Knoten Wind gut in Fahrt und erreichen locker unsere fünf Knoten. Wieder und wieder scheint es mir beinahe, als wenn mein Schiff zum Stehen kommen möchte. Als hätte ich etwas Mitgenommen, ein Fischernetz was mich bremst vielleicht, oder Findus wird an einer unsichtbaren Leine zurückgehalten. Findus‘ Reaktionen sind mir fremd und das verstärkt meine ohnehin immer wieder aufkeimende Unsicherheit.

Da sind diese Momente in dem Böen, wo ich das Gefühl habe, jetzt möchte Findus los, doch auch bei siebzehn Knoten Wind, kommt mein Boot nicht so richtig aus dem Quark. Nur selten schafft er es, sich ein wenig zu befreien, in die Wellen zu springen und Gischt empor zu spritzen.

Doch auch der Wind ist heute unbeständig. Mal ist er mit voller Kraft da und in der nächsten Sekunde verstummt er zur völligen Flaute. Nicht nur Findus macht heute irgendwie Schwierigkeiten, auch der unbeständige Wind hält mein Boot davon ab, sein eigentliches Potenzial zu entfalten. Nicht selten steht Findus seiner Kraft beraubt unfähig in der alten Welle, die mein Schiff ohne Druck im Segel willkürlich und her wirft.

Ich probiere es erneut mit der Maschine. Woher ich den Gedanken nehme, dass es jetzt besser sein könnte, weiß ich nicht, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zu letzt.

Doch der Hebel liegt bereits auf dem Tisch. Doch die Drehzahl stagniert erneut bei 2400 U/min, was eine Geschwindigkeit von höchstens 3,5 Knoten bringt. Jetzt in der alten und schappenden Welle gabe ich jedoch eher 1,5 bis 2,5 Knoten Fahrt und Findus schaukelt eher planlos denn zielsicher irgendwo hin. Der Bug wird weggetrieben und Kurs halten ist mühsam.

Der Blick nach draußen ist verlockend schön, doch so macht es einfach keinen Spaß.

Das Vorsegel hole ich rein. Es flattert nur bei jeder Welle unkontrolliert hin und her. Der Wind kommt mal von der Seite, mal achterlich und mal von vorn. Das Großsegel lasse ich noch einige Zeit oben. Hin und wieder fängt es eine Böe ein und bringt mich so auf ein wenig mehr an Geschwindigkeit. Außerdem hält es mein Schiff konstant und vermeidet das hin und her geworfen werden in der Welle.

Eigentlich wollte ich zeitig in Høruphav sein und Bekannte im Hafen treffen. Zusammensitzen, essen und quatschen. Stattdessen dümple ich hier vor mich hin. Ich spüre wie mal wieder ein altes Muster in mir aufkeimt und versuche mich diesem nicht auszuliefern.

Stattdessen sehe ich auch das Glück, was mich nun die letzten Meilen bis zim Hafen begleitet. Mein Boot trägt mich, der Himmel strahlt blau über mir und im Nordwesten sorgt die langsam untergehende Sonne auch heute für einen wunderschönen Anblick.

Ich lehne mich zurück und genieße das, was mich umgibt. Trotz des knatternden Motors herrscht hier eine besondere Art der Stille. Es ist das Antlitz der Schönheit um mich herum. Es ist das Gefühl des Seins. Es ist die Verbundenheit mit dem Hier und Jetzt. Es ist die Dankbarkeit dies hier erleben zu dürfen. Trotz aller Widrigkeiten bin ich hier. Ich lebe.

Und ich liebe dieses Leben.




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