8. Juli 2019
Endlich weiter

Es wird gerade hell. Die Nacht war kurz. Vier Stunden Schlaf müssen heute reichen. Im Hafen ist es ruhig. Alles schläft. Noch verdecken graue Wolken den Blick auf die aufgehende Sonne. Doch blaue Lücken am Himmel versprechen seit Tagen endlich wieder Sonne.

Das Wetter hat sich etwas beruhig. Kein Pfeifen mehr und kein Dröhnen. Der Wind hat nachgelassen. Zumindest für kurze Zeit. Die letzten Tage waren laut. Zu laut. Nicht nur der Wind der die Masten zum Heulen brachte und das Klatschen des Wassers gegen den Rumpf waren permanent zu hören, auch das für uns überraschende Hafenfest mit seinen unzähligen Gästen und lauter Musik hat jegliche Ruhe und Segler Idylle genommen. Es nützte nichts. Ein Crew Wechsel am nahen Festland stand an. Nun sind wir zu dritt an Bord.

Über 30 Meilen stehen auf dem Plan. Eigentlich viel zu wenig für so einen Tag. Die offene Ostsee mit ihrer augenscheinlich unendlichen Weite liegt vor mir. Für einen kleinen Moment könnte man tatsächlich glauben es gibt nichts mehr hinterm Horizont. Doch der Wind bläst hier kräftig und treibt das Boot viel zu schnell voran. Unter Vollzeug erreicht Findus beim Absurfen der achterlichen Wellen erneut eine Höchstgeschwindigkeit von 8,1 Knoten. Ich entscheide das Vorsegel lieber ein zu holen. Auch mit nur einem Segel sind wir sofort wieder auf Rumpfgeschwindigkeit. Die Wellen sind jetzt höher und rauschen unter uns durch um sich direkt wieder auf zu bauen. Findus hält stand und bringt uns sicher rüber. Viel zu schnell liegt Land vor uns.

Die dänische Südsee, mit all ihrer Liebligkeit, engt mich ein. Die Weite ist auf einmal begrenzt. Fahrwasser, Kardinaltonnen und Flachstellen säumen die Gegend. Landschaftlich ein Traum, keine Frage. Kräftiges Grün, dass sich im Hellblau des Himmels und im Dunkel der See frisch und saftig erhebt. Kein Haus am Ufer. Kilometer lang nur Steilküste und Felder. Es ist schön. Aber mein Herz will Meer.

Gischt wird vom Bug geteilt und zu beiden Seiten mit einem dumpfen und kraftvollen, aber zugleich auch klirrendem und Glockenspiel ähnlichem Geräusch verdrängt. Ihre Spritzer sind am Ende so zart, dass sich das Sonnenlicht in ihnen bricht und wieder und wieder kleine Regenbogen über dem Wasser strahlen lässt. Jeder einzelne nur für einen kurzen Moment. Dafür unendlich schön. Es macht beinahe süchtig ihnen zu zu sehen.

Ich liebe es auf den Wasser zu sein. Die Zeit bleibt stehen und doch rennt sie viel zu schnell. Ich kann mich einfach nicht satt sehen an den Blau- und Grautönen da draußen, an der Kimm und den Wellen die wie unermüdliche Wogen mit einer tiefen Gelassenheit wieder und wieder über die See rollen.

Zurück an Land wird es wieder eng im Herzen. Aber das ist der Kompromiss, den ich eingehen muss. Mit Kindern muss manchmal der eigene Herzenswunsch ein wenig zurück stehen. Es ist nicht immer leicht einen Mittelweg zu finden, damit für beide Seiten die Sonne gleichermaßen scheint.

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