15. Januar 2022
Erster Törn im neuen Jahr

Spiegelglatt liegt das Wasser im Hafen. Doch das ist egal. Ich muss raus. Endlich raus. Halte es nicht mehr aus an Land. Die letzten Tage gab es entweder zu viel Wind, es regnete oder es war schlichtweg keine Zeit. Aber heute. Heute passt es.

Noch ist der Himmel blau, auch wenn weiße Farbtupfer in Form von kleinen Wolkenfeldern sich bereits am Firmament zeigen. Ich nutze die Zeit, denn später soll der Himmel sich wieder grau in grau färben.

Doch noch scheint die Sonne kräftig genug auf mich herab. Es ist sogar etwas warm. Ich überlasse, wie so oft bei solchen Bedingungen, dem Autopiloten das Steuern und lehne mich entspannt zurück. Ruhe. Einfach nur Ruhe. Und genau diese Ruhe brauche ich jetzt.

Mein Kopf wird frei und all der Blödsinn, der permanent an Land einen Großteil der Zeit in Anspruch nimmt, fällt von mir. Sein. Einfach nur sein. Für ein paar Stunden einfach nur ich.

Wieder merke ich, wo ich hingehöre und dennoch nicht sein kann. Es nicht einfach nur schön auf dem Wasser. Da ist weit mehr. Doch ich habe aufgegeben es zu erklären. Ich behalte es für mich. Zumindest heute.

Ich erfreue mich stattdessen einfach am Bild der Wolken. Des Himmels und der See. An ihren Farben und Formen. Ich bin froh hier zu sein.

Doch ich muss wieder umkehren. Wieder und wieder das selbe Spiel. Zurück. Immer wieder geht es zurück. Warum dürfen Menschen eigentlich nicht wirklich leben? In meinem Kopf arbeitet es. Ich sinniere, philosophiere und drehe meine Gedanken hin und her. Ein Ergebnis ist nicht in Sicht.

Um dem Chaos in meinem Kopf Einhalt zu gebieten, stelle ich mir Zimtschnecken und Kakao bereit und lenke mich vorübergehend selber ab.

Jetzt am Wind hat Findus etwas mehr Fahrt. Immerhin komme ich auf über vier Knoten. Die Zeit und Distanz, die ich auf dem Wasser verbringe, ist genau die, die mich auch zum nächsten Hafen hätte bringen können. Doch so bin ich bald wieder zurück.

Es stimmt mich wehmütig. Doch unglücklich bin ich deshalb nicht. Im Gegenteil. Ich beginne mehr und mehr zu begreifen, was für ein Glück ich habe. Im Winter im Wasser bleiben zu können. Die Möglichkeit, wenn auch nur kurz, raus zu segeln. Nahezu täglich beim Boot sein zu können. Die Chance mich langsam zu verwirklichen.

Doch, ich bin zufrieden. Und so kehre ich in den Heimathafen zurück. Mit dem Gedanken, wie gut es tut, zu wissen, was man will und was einen erfüllt. Wirklich erfüllt.

Eine Zeitlang bleibe ich noch Bord und genieße mein Boot. Die Heizung läuft und draußen wird es frisch. Doch hier ist es wohlig warm und ich fühle mich geborgen und bin rundum glücklich.

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