9. April 2023
Liebe

Es hört einfach nicht auf. Dieses wahnsinnig schöne Gefühl. Diese positive Energie. Dieses Glücklichsein.

Früh am Morgen wache ich auf und sehe durch die Gardinen meiner Fenster den Schein der Sonne, welcher sich gelborange auf der beigefarbenen Innenschale im Salon meines Schiffes spiegelt. Es ist herrlich warm in meiner Koje und so kuschelig und gemütlich, dass ich eigentlich liegen bleiben möchte. Doch das hereinfallende Sonnenlicht überzeugt mich aufzustehen. Ich bin motiviert und weiß schon jetzt, dass heute erneut ein wunderbarer Tag werden wird. Ich möchte ihn nutzen. Möchte die Leinen loswerfen und segeln. Mein Energie Level steht auf Anschlag und ich weiß gar nicht so recht wohin mit all der guten Laune. Ich bin so ausgeglichen, so glücklich, so voller Zufriedenheit und so absolut im Reinen mit mir selbst, dass ich nichts außer Liebe in mir spüre.

Auch wenn es jetzt, wegen des für die kommenden Tage angesagten Windes, nach nur zwei Nächten bereits zurück in die Innenförde gehen wird, so war dieser kurze Törn doch schon jetzt Goldwert. Es sind die Erfahrungen und die Bilder, die Erlebnisse und die Emotionen, die mich zur Zeit gleichermaßen fesseln und faszinieren. Es ist der Mut zu mir selbst und die daraus resultierenden Möglichkeiten, die wiederum meinem Selbst so gut tun. Ein wunderbar kraftgebender Kreislauf. Es ist das Überwinden und einfach machen, was mir am Ende recht gibt und mich stärkt. Und es ist dieses innere Ankommen, wenn ich in vollkommender Stille, nur das Rauschen des Windes im Segel hörend, ganz tief in mich hineinblicken kann.

Unter Maschine verlasse ich den Hafen in der Dyvig. Auch hier bin ich gern in der Vor- und Nachsaison und habe bislang nur schöne Erinnerungen. Beim Verlassen der Boxenreihe guck ein Däne von seiner Rassy aus zu und lächelnd winkt er ein „gute Fahrt“ rüber, welches ich dankend quittiere. Das mag ich an den Menschen. Diese freundliche und wohlwollende kleine Geste, die nur einen kurzen Augenblick weilt und doch den Start in den kommenden Törn versüßt.

Wie jedes mal, wenn ich die Engstelle der Dyvig durchfahre, denke ich auch heute daran zurück, wie ich dieses schmale Fahrwasser vor sechs Jahren zum ersten Mal, damals noch änglich aufgrund der Enge und der zu beiden Seiten geringen Tiefe, durchfahren habe. Damals gab es hier noch keine feste Betonnung und die roten und grünen Bojen, mit Möwendreck gekrönt, wirkten zumindest in meinen Augen als Anfänger zu der Zeit nicht unbedingt vertrauenerweckend. Doch die Krönung dieses ohnehin schon aufregenden Erlebnisses war, wie vor meinem Bug auf einmal eine Person das Fahrwasser schwimmend querte. Ich musste zwei mal hinsehen. Hier schien alles möglich. Was mich anfangs meiner Seglerlaufbahn noch irritierte, ist heute einfach eine schöne Erinnerung.

Draußen setze ich die Segel und bin heute nicht traurig darüber, dass mein Kurs südöstlich führt. Im Gegenteil, ich blicke mich kurz um und fühle nicht den Groll, der mich in den vergangenen Jahren oft begleitete, wenn ich mich aufgrund von Verpflichtungen nicht dorthin aufmachen konnte, wo ich so gern sein wollte. Mein großer Traum beginnt mit diesem Anblick. Der Blick in die Ferne. Das Weite. Die offene See. Ein Anblick, der nach wie vor eine unbändige Sehnsucht in mir auslöst. Vielleicht wird es ein Traum bleiben, den zu erreichen ich niemals in der Lage sein werde. Doch allein überhaupt diese wunderbaren Träume und Ziele zu haben ist mehr, als sein Leben der tristen Monotonie der oftmals abgestumpften Gesellschaft anzupassen. Meine Träume sind erlaubt, doch hier und jetzt liegt der Alsfjord so einladend und frei vor mir, dass ich dankend diese Einladung entgegen nehme und meinem reelen Weg folge.

Ein paar Mal kreuze ich hin und her und genieße die wohltuende Einsamkeit auf dem Wasser. Findus ist schnell. Manchmal, so scheint es mir, ein wenig zu schnell, denn gefühlt verfliegen die Stunden zu Sekunden und viel zu schnell erreiche ich den Alssund. Auch hier begegnet mir kaum eine handvolle Boote und ich entscheide mich, die schmale Passage bis kurz vor die Alsenbroen zu kreuzen. Hier nehme ich die Segel kurz runter und warte auf die Brückenöffnung der Kong Christian den x’s Bro.

An dieser Stelle möchte ich zu einem Aufruf animieren. Der Verkehr auf der Straße muss für uns Segler unterbrochen werden. Autoschlangen bilden sich und im Notfall kommt kein Krankenwagen auf kürzestem Weg von A nach B. Liebe Segler, fahrt zügig durch die Brücke und vorallem informiert euch vor eurem Törn über Vorgehensweisen, Lichtzeichen und Regeln. Leider ist es immer wieder zu beobachten, dass insbesondere Charterboote vor der geöffneten Brücke stehen, offensichtlich unwissend hin und her treiben und scheinbar auf „günes Licht“ warten und so das Warten der Autofahrer oben vor der hochgeklappten Fahrbahn unnötig in die Länge treiben. Informiert euch, redet drüber, gebt Informationen weiter und helft einander. Erst nach Durchsage und Aufforderung des Brückenwärters nehmen die zwei Charteryachten endlich Fahrt auf und passieren die Klappbrücke.

Die Sønderborg bugt bietet dann nochmal feinstes Segeln. Auf der Süllkante sitzend genieße ich alles, was mich umgibt. Die Wellen, den Wind, das spritzende Wasser. Mein Schiff ist in seinem Element und ich bin es auch. Leise tönt jetzt Musik aus meinem Radio. Gefühlvolle Melodien runden das mich umgebende Bild und meine Emotionen ab. Was braucht es, um noch mehr Glück zu empfinden?

„Glück? Wo hast du das gefunden?“ „Das findet man nicht, das habe ich selbst gemacht!“ Genauso ist es. Kein Gefühl, kein Verlangen und keine Liebe kommt von außen. Alles kommt von innen.

Abends in Marina Minde trägt meine Segelnde-Frauen-im-Norden Stammtisch Initiative dann erste Früchte und zwei liebe Mädels erwarten mich bereits im Hafen. Wie schön es ist, nach einem fabelhaften Törn im Hafen anzukommen und garantierte Hilfe beim Anlegen zu wissen. Einhand in der Box anzulegen ist nämlich noch immer der am wenigsten geliebte Part meiner kleinen Reisen.

Der Austausch mit Gleichsinnten, zusammen im Cockpit sitzen, den Abend ausklingen lassen. Ich bin angekommen.

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