4. Juli 2021
Vestbroen

Hinter mir ist es grau. Ein Wolkenschleier hängt über der Stadt Nyborg. Doch vor mir beginnt der Himmel auf zu klaren und große blaue Stücke machen sich immer breiter. Ich fahre wohl der Sonne entgegen.

Ich verlasse Nyborg für meine Verhältnisse spät. Erst um 10:30 Uhr lege ich ab. Während ich aus der Reihe fahre, schaut von gegenüber lächelnd ein junger Mann von einer PD herüber. Es ist dieses einvernehmliche Lächeln, weil man die selben Boote hat. Er winkt rüber und ruft nur ein „ Godt Tur“ zu. Mit einem lächelnden „Tak“ winke ich zurück und fahre aus dem Hafen.

Ich überlasse das Steuern Heinrich und stelle mich auf den Bug, um für kurze Zeit den warmen Wind von vorne zu genießen. Ich schließe die Augen. Es tut so gut. Fühlt sich so richtig an. Das Land schwindet. Himmel und Wasser finden keinen Übergang.

Durch mein Fernglas sehe ich den östlichen Teil der Storebæltsbroen. Passage der Berufsschiffahrt und großer Boote. Ich werde die Durchfahrt durch die Vestbroen nehmen.

Mit Fernglas
Storebæltsbroen

Die Fahrt dorthin dauert, denn ich nehme den offiziellen Weg durch den 34 und 35 Pfeiler aus ost gesehen. 63 gibt es ingesamt zwischen Sprogø und Knudshoved. Bei unserer Masthöhe könnten wir bereits den Pfeiler Nummer 52 nehmen, doch das Risiko gehe ich nicht ein.

Knudshoved

Der Strom ist mit uns und trotz weniger Knoten Wind kommen wir erstaunlich schnell voran.

Vestbroen

Ich erreiche das Fahrwasser und lasse mich unter der Brücke hindurch treiben. Konnte ich vorher mit Halbwind quer zur Brücke segeln, so habe ich den Wind unter ihr für den Rest des Törns direkt von Achtern.

Under the Bridge

Ich stehe. Die Segel schlackern. Doch der Strom setzt gut. Ich komme voran. Wenn es auch langsam geht. So habe ich immerhin Zeit für Bilder.

Strom am Pfeiler
Strömungen

Eine Weile lasse ich mich einzig von der Strömung treiben. Spiele hier und da mit den Segeln. Doch es hat keinen Sinn. Der Verklicker oben auf dem Mast dreht sich unkontrolliert mal links herum, mal rechts herum. Nach zwei, drei Meilen starte ich mal wieder den Motor. Nur langsam, denn ich möchte in mich aufnehmen, was ich sehe.

Unter Motor

Weit entfernt und nur einzig klein liegt Sjælland querab. Bereits dieses Bild mit seiner Weite öffnet mein Herz. Was braucht es mehr, wenn man die Chance hat ein Teil des großen und ganzen sein zu dürfen?

Heinrich kümmert sich um den Kurs, während ich es mir auf dem Vordruck gemütlich mache. Es ist keiner da, der die Stille raubt. Emma chillt lieber für sich in der Bugkoje. Ich bin also für mich.

Viel zu schnell vergeht die Zeit. Viel zu schnell zieht das Blau an mir vorbei. In Gedanken bin ich weit weg. Weit oben im Norden. Meine Segelträume gebe ich nicht auf, finde ich doch bereits hier winzige Ansätze dessen, wonach ich mich sehne.

Vorm Hafen kommt der Wind langsam wieder. Doch nun lohnt es nicht mehr. Ich schaffe tagsüber nur kurze Schläge. Das ist der Deal mit meiner Tochter.

Die Hafeneinfahrt von Kerteminde ist flach, die See entsprechend kappelig. Doch hinter der Vormole wird es ruhiger. Vor zwei Jahren wir schon mal hier. Plätze gibt es reichlich, doch ist dies ein Hafen, wo ich sogar mit Findus mit nur 2,40 breite gucken muss, ob wir in die Box passen.

Emma kommt heute mal hoch und hilft ohne zu Murren beim Anlegen. Richtig gut hat sie das sogar gemacht. Mit Abstoßen am Nachbarboot und das Boot am Steg halten. Mittlerweile klappt es mit ihr und sie mault nicht mehr. Eine gewisse Routine hat sich eingestellt und urplötzlich ist Segeln nicht mehr ganz so scheiße.

Ich bin nicht gerne hier. Es ist mehr eine Zwischenstationen und bereits am Abend planen wir fieberhaft, wie wir weiter kommen. Es wird Wind kommen. Regen und Gewitter. Hafentage möchte ich hier nicht verbringen.

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