2. August 2023
Zwei Mal los

Das Wetter lässt einfach zu wünschen übrig. Regen, Regen, Regen. Nichts als Regen. Und wenn es gerade mal nicht regnet, dann ist zu viel Wind. Wegen stürmischer Winde im Hafen bleiben ist ja eine Sache, aber jetzt auch noch wegen des Regens nicht auszulaufen, das ist mit zu blöd. Ich will aufs Wasser verdammt. Kurzerhand beschließe ich also, egal wie sehr es schüttet, ich will los.

Über mir sieht es gerade freundlich aus und auch was ich um mich herum sehe, scheint erstmal ok. Die Marina von Assens ist allerdings so gelegen, dass ich die westliche Seite, also die Seeseite nicht so weit überblicken kann. Ferienwohnungen, Hafenmeisterbüro und sanitäre Anlagen verdecken den Himmel so, dass ich nicht sehen kann, was sich dort zusammenbraut. Das es regnen soll steht außer Frage. Doch einfach nur Regen ist ja schließlich egal. Ich verlasse also guter Dinge den Hafen und will erstmal richtig Norden. Wohin genau wird sich finden.

Nach zwanzig Minuten beginne ich zu zweifeln. Eine unheimlich dunkle Walze kommt von Westen direkt auf mich zu und ich bin mir nicht so ganz sicher, was es damit auf sich hat. Wird sie extremen Wind mit sich bringen? Bildet sich da vielleicht sogar noch ein Gewitter? Was soll ich machen? Da durch fahren? Oder lieber umdrehen und zurück in den Hafen kehren? Noch habe ich keine Segel gesetzt und bin unter Maschine unterwegs. Die Fachstelle vor Assens ist immer etwas ungemütlich, weshalb ich mir damit heute gern Zeit gelassen habe. Jetzt bin ich froh, nicht übereifrig das Großsegel gesetzt zu haben. Ich überlege kurz und bespreche mich via WhatsApp mit meinem Sohn, der mit seinem Boot, Lille Bjørn, ebenfalls gerade ausgelaufen ist. Gemeinsam entscheiden wir, mit beiden Booten umzudrehen und vorerst Schutz im Hafen zu suchen.

Wind kommt jetzt auf. Die Anzeige sagt, es seien nur 18 Knoten, doch fühlt es sich wie viel mehr an. Wahrscheinlich ein rein psychologisches Phänomen, da grau und nass automatisch bedrohlicher wahrgenommen wird, wie blauer Himmel und Sonnenschein. Wie dem auch sei, es ist ungemütlich und beginnt jetzt auch kräftig zu regnen.

Ich habe keine Ahnung, ob die Tropfen, die ich abbekomme, Süß- oder Salzwassertropfen sind. Regen oder Gischt. Eigentlich aber auch egal, denn nass bin ich so oder so. Nach einem kräftigen Schauer und ordentlichem Geschaukel mache ich am selben Platz im Hafen fest, den ich vor 50 Minuten erst verlassen habe.

Wieder fest in der Box stelle ich etwas konsterniert fest, dass plötzlich so rein gar nichts mehr los ist. Kaum noch Regen. Nur noch zarte Tropfen und auch kein nennenswerter Wind mehr. Was war das denn jetzt? Habe ich übertrieben? War ich wieder nur zu ängstlich? Nein, ich war Sicherheitsbedacht und will kein Risiko eingehen. Dann fahre ich eben zurück. Na und? Hier und jetzt kann ich die Situation neu überdenken und mir überlegen, was jetzt das Beste ist. Im Hafen bleiben? Später einen erneuten Versuch starten? Die Richtung überdenken?

Ich schreibe einer Freundin, die mit ihrem Sohn und einer Freundin segelt, und frage wie es ihnen aktuell auf See ergeht. Auch sie ist gerade mit ihrem Boot auf dem Lillebælt Richtung Norden unterwegs und müsste eigentlich irgendwo auf meiner Höhe sein. Eine kurze Lagebesprechung ergibt, dass es da draußen bei weitem nicht so wild zugeht, wie es eben noch am Himmel aussah. Und eine weitere Lagebesprechung mit meinem Sohn ergibt, dass wir es nochmal probieren werden mit beiden Booten auszulaufen.

Was für ein Glück, dass ich nochmal los bin, denn trotz Regen entpuppt sich dieser Nachmittag als genialer Segeltag. Nach anfänglicher Flaute kommt nun der Wind. Nicht zu viel, aber so, dass ich gerefft immernoch auf der sicheren Seite bin. Ich genieße das Segeln und ich genieße auch dieses regnerische und graue Wetter. Eigentlich ist es ohnehin fast egal, wie das Wetter ist, denn solange meine Segel gesetzt sind und mein Boot mich sicher trägt, bin ich zufrieden.

Von Westen scheint jetzt die Sonne, während es im Osten regnet. Was für ein Naturschauspiel. Sonne, Regen, Regenbogen. Auch wenn dieser eher am Boden bleibt und die Sache mit dem Bogen nicht ganz so genau nimmt.

Mit Sarah habe vor ein paar Stunden besprochen, dass wir uns heute in Middelfart treffen wollen und ich freue mich auf das Wiedersehen mit ihr und Brigitta. Ohne Sarah hätte ich heute wohl nicht mehr abgelegt und ich bin froh Menschen zu kennen, die ohne jegliche Wertung, Erwartungshaltung oder Druck mit Rat und Tat einfach mal da sind.

In Middelfart angekommen verbringen wir dann einen schönen Abend bei ihr an Bord. Wir tauschen Erfahrungen aus, machen Pläne für den nächsten Tag und quatschen über das, was wir alle am liebsten machen. Segeln.

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