Die Saison neigt sich dem Ende. Nicht nur auf dem Wasser wird es jetzt deutlich ruhiger, auch ich beginne mein inneres Gleichgewicht und somit eine gelassene Ruhe in mir wieder zu finden.
Langsam nähere ich mich dem Leben wieder an und komme meinem Schiff, meiner unveränderlichen Situation und mir selbst dabei wieder dichter. Neuer Mut, zum Leben, zum Segeln und zum persönlichen Sein und dabei ein klares und realisierbares JA zu mir und meinen doch enormen Möglichkeiten vor Augen, habe ich in den letzten Tagen mein Leben neu durchdacht, umorganisiert und langsam begonnen es so anzunehmen, wie es mir aktuell vergönnt ist.
Das beginnende Ende der Sommersaison und die mit ihr schwindenden Boote auf dem heimischen Revier vor der Haustür schenken mir auf der Innenförde ein minimales Gefühl jener Freiheit, die ich in Unabhängigkeit und frei zu leben aufgrund meiner persönlichen Situation und Verantwortung noch nicht in der Lage bin, eigenständig und in vollem Umfang realisieren zu können. Mir bleibt im Augenblick nur zu warten. Warten und währenddessen darauf zu hoffen, dass der Tag des formvollendeten Seins für mich kommen wird. Doch bis dahin will ich dennoch Leben, wach sein im Hier und Jetzt und spüren wer ich bin und dabei mich und meine persönliche Situation annehmen, mit all ihren positiven, als auch den möglichen negativen Facetten, die mich umgeben und am Ende mit Sicherheit auch so im eigenen Sein voran bringen.
Hier draußen auf der Förde bekomme ich endlich wieder einen Vorgeschmack dessen, was mich mit Leben füllt. So schön. So still. So intensiv. Ich kann es wieder annehmen. Kann es genießen. Weiß es wieder zu schätzen.
Selbstgeschaffene Energieräuber habe ich geschafft aus meinem Leben zu verbannen und hoffe inständig stark genug zu sein, ihnen nicht ein weiteres Mal auf den Leim zu gehen. Kraft und Energie kommen niemals von außen. Sie wachsen in mir drin. Fast unerkenntlich klein. Mit unscheinbaren Schritten und mit winzigen Erfolgen. Doch sie können nur gedeihen, wenn sie nicht durch krankmachende Einflüsse im Keim zu ersticken drohen.
Der Wind weht moderat, für manch einen Segler sicherlich zu wenig, doch für mich heute genau richtig. Findus rauscht mit um die fünf Knoten vorwärts. Immer weiter. Es ist so, wie es für meinen Geschmack nie aufhören sollte. Doch die Abende werden kürzer und die Nächte beginnen jetzt bereits immer früher. Ich weiß, ich werde gleich umdrehen müssen, doch heute tut es dabei nicht mal weh.
Heute bin ich einfach nur froh darüber, es geschafft zu haben, wieder hier sein zu können. Zu fühlen. Zu spüren. Annehmen zu können, was mir geschenkt wird.
An Tonne 10 kehre ich um und fiebere dem nahenden Sonnenuntergang an diesem Abend entgegen. Auch wenn er ohne Land in Sicht um so vieles intensiver und kraftvoller sein könnte, so spüre ich ihn auch so und freue mich wie ein kleines Kind, ihn hier auf dem Wasser erleben zu können.
Gestern noch stand ich sehnsüchtig an Land am sandigen Strand, noch nicht wirklich bereit für einen kleinen Schlag auf der Innenförde, doch jetzt und heute bin ich hier und das Land von gestern liegt jenseits meines schwimmenden Refugiums. Der kleine Schritt, der überzeugende Mut endlich wieder alleine zu segeln, hat sich gelohnt.
Ich bin glücklich. Auch wenn ich hier, an diesem Punkt in meinem Leben bereits gewesen und an meinem eigenen Rückschritt nicht unschuldig bin, so bin ich doch stolz auf mich selbst, es zurück an eben diesen Punkt geschafft zu haben. Ich lehne mich zurück und genieße diesen Moment. Ein zufriedenes Lächeln weicht mir dabei nicht von den Lippen.
Den rund sieben Meilen währenden Rückweg in den Heimathafen verbringe ich erfüllt und glücklich und mit einer wohligen und inneren Gelassenheit. Was für ein schönes und wunderbares Gefühl.
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