Wie alles begann

Im Frühjahr 2016 war er auf ein mal da, der Gedanke segeln zu wollen. Doch mit ihm kamen auch unheimlich viele Fragen. Kann ich mir das überhaupt leisten? Ist so ein Boot nicht unheimlich teuer? Sind es nicht nur die „Schönen und Reichen“, die auf eigenen Yachten unterwegs sind? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Segelboot und einer Segelyacht?

Das Internet bietet glückligerweise eine Fülle an Informationen und schnell war klar, ich möchte eine Yacht. Wie luxuriös dieses Wort auch klingen mag, eine Yacht ist nichts anderes, wie ein Boot mit Kajüte. Mit einem Wohn- und Schlafbereich an Bord. Und genau das wollte ich. Ich wollte segeln, Urlaub auf dem Schiff machen und fremde Häfen kennenlernen. Ich wollte an Bord übernachten und kochen und essen können. Eher unverbindlich begann ich entsprechende Portale im Internet zu durchstöbern und mir so einen Überblick über das Angebot an großen und kleinen Segelyachten zu verschaffen. Der Preis ging dabei von wenigen tausend Euro, bis hin zum horrenden Summen im mittleren sechsstelligen Bereich.

Etwas kleines wollte ich. Überschaubar, allein händelbar und nicht so teuer, schließlich musste es für mich alleine finanziell tragbar sein. Alt sollte es sein, denn ich wollte daran basteln und es mit meinem persönlichen Zutun zu meinem eigenen machen. Ich wollte nichts fertiges, sondern ich wollte daran arbeiten, es bis in die kleinste Niesche kennenlernen und selbst daran wachsen. Es sollte über mindestens vier Kojen verfügen, damit meine drei Kinder mit mir zusammen segeln können. Stehhöhe brauchte es, ausreichend Platz für uns alle und nicht zu pflegeintensiv sollte es sein. Schön anzusehen, klare Linien und robust. Schnell war klar, welcher Kategorie mein künftiges Schiff angehören würde. Ein alter GFK Klassiker sollte es werden.

Nebenbei begann ich mich über Regeln auf dem Wasser, Rechte und Pflichten und gesetzliche Grundlagen zu informieren. Brauchte ich eigentlich einen Segelschein oder irgendeine andere Legitimation, um auf eigenem Kiel unterwegs sein zu können? Schnell fand ich heraus, dass ich für ein motorisiertes Boot mit weniger wie 15 PS weder einen Kurs absolvieren, noch einen Schein bestehen musste. Ich probierte mich selbstständig an ersten Seemannsknoten und beschäftigte mich mit den Vokabeln der Seglersprache. Bereits die Vorbereitungen und das Kaufinteresse fixten mich mit einem Anflug von Leidenschaft an, der kein zurück mehr zuließ. Erst später machte ich meinen SBF See und SRC Funkschein.

Im Juni 2016 hatte ich es dann gefunden. Nicht im Internet, nicht auf irgendeiner Kleinanzeige der diversen Portale und auch nicht durch Zuruf. Nein. Findus stand einfach vernachlässigt und unauffällig im Hafen und ich musste unzählige Male an diesem Schiff vorbei gegangen sein, bis ich die blasse Verkaufsanzeige eben dieses Bootes am schwarzen Brett des Hafenmeisters sah. Da war es! Das sollte mein Boot sein. Findus war Liebe auf den ersten Blick und von dem Moment an wusste ich, dass ich nichts anderes mehr wollte.

Gekauft wie gesehen. Alt und dreckig, mit 30 Jahre alten und völlig ausgelutschten Segeln, einem defekten Motor und verschimmelten Polstern. Die ersten Fahrten waren müßig, da das Boot lange unbewegt nur im Hafen gestanden hatte und Pocken und Muscheln ein Imperium am Unterwasserschiff bildeten, mit dem ein Vorankommen kaum möglich war. Der Motor war unzuverlässig und immer segelte ein wenig Angst mit, er würde erneut Versagen, so wie bei der Probefahrt, die abrupt an der Kaimauer endete, weil keine Reaktion mit dem Boot mehr möglich war. Die ersten Anleger in unbekannten Häfen wurden zur Zerreißprobe und ein Segeln mit derart bauchigen Tüchern war kaum möglich. Doch das alles hatte auch sein Gutes, denn ich musste mich mit der Materie auseinander setzen und stetig lernen.

Ich malte mir kleine Kärtchen mit Vorfahrtsregeln und legte sie mir anfangs ins Cockpit, um die Realität auf dem Wasser mit der der Bilder aus der Vogelperspektive zu vergleichen. Ich spürte was Luv und Lee bedeuteten und wie mein Schiff auf die verschiedenen Windrichtungen reagierte. Ich fühlte und lauschte und wurde mehr und mehr zu einer Einheit mit meinem Boot. Ich beobachtete ein- und auslaufende Segler im Hafen und lernte aus ihrem Geschick und Unglück beim Anlegen. Ich nutzte jede Gelegenheit etwas Neues zu erfahren und begriff so allmählich Zusammenhänge, die ich bei einem neuen und intakten Schiff nie hinterfragt hätte.

Die Leidenschaft für mein Boot und die Lust des Segelns sind bis heute eines der schönsten Abenteuer auf die ich eingelassen habe. Aus meinem Leben ist es nicht mehr weg zu denken und ich freue mich auf alles, was da noch kommen wird.