9. August 2024
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Ich bin froh, Hundested zu verlassen. Vor fünf Jahren schon gefiel es mir hier nicht besonders und ein Seitenarm des verwinkelten Hafens hat meinen Aufenthalt hier nicht unbedingt in schönerer Erinnerung hinterlassen.

Heute lasse mich segeln. Der Wind steht günstig aus südlicher Richtung und der gesteckte Kurs verändert sich die kommenden vier Stunden nur kaum merklich. Ich entspanne mich deshalb heute und genieße den Blick in die Weiten des Kattegats, während Heinrich, mein Autopilot, Findus zeigt, wo es langgeht.

Aufgewühlte Gischt gurgelt am Bug meines Schiffes entlang und hinterlässt winzige, sich verwirbelnde weiße Luftteilchen, die rauschend am Rumpf entlang gleiten und sich schäumend achtern wieder treffen und sich erneut zu einer klaren See verbinden. Ich mag dieses zischende Geräusch und blicke gern auf die sprudelnden kleinen Schaumformationen. Ohne Heinrich wäre das beim einhand Segeln so gar nicht möglich.

So schön ich es auch finde, allein unterwegs sein zu können, so sehr gibt es da auch immer wieder den einen oder anderen Wermutstropfen. Das Steuern meines Bootes kann ich in den meisten Situationen gut an meinen Pinnenpiloten abgeben und bislang habe ich auch sonst alles an Bord alleine recht gut im Griff.

Was mir hin und wieder zu schaffen macht, ist das nicht wirklich Teilen können jener Augenblicke, die ich so einzigartig und besonders empfinde. Hier draußen zu sein ist einfach unsagbar schön und vorallem auch kostbar. Doch die Faszination und Einzigartigkeit des Moments, die erlebe nur ich allein. Ich versuche deshalb festzuhalten was ich sehe, erlebe und fühle und bin froh darüber, meine kleinen Abenteuer durch meine Aufzeichnungen immer wieder erleben zu können.

Was mir jedoch weit mehr zu denken gibt ist die Tatsache, für alles auf diesem kleinen Schiff die volle Verantwortung selbst zu tragen. Dabei geht es nicht um Fragen wie Proviant oder Treibstoff, den nächsten Zielhafen, Entscheidungen zu Wind und Wetter. Nein, es geht um den Zustand des Schiffes. Um seine Instandhaltung und Substanz, um Ungereimtheiten, derer ich mir nicht im Klaren bin und die ich mit niemandem besprechen kann. Eine zweite Meinung zu Dingen, die mich hin und wieder, und besonders bei starken Windverhältnissen, zweifeln lassen und mir hier und da ein Gefühl von Angst und Unbehagen vermitteln.

Trotz gerefftem Großsegel fliegt Findus heute förmlich mit über sechs Knoten Fahrt übers Wasser. Es weht eine frische Brise und hier draußen fühlt sich der Wind irgendwie nach mehr an. Ich spüre den kräftigen Druck im Segel und die Kraft, die in diesem kleinen Boot steckt. Wenngleich ich auch schreckhafter bin bei Geräuschen und bei jedem Knarren und Knacken im Rigg, beim Klatschen der Wellen an den Rumpf oder beim Poltern unter Deck aufhorche, so sehr gefällt es mir doch, was Findus hier tut.

Das Kattegat, so endlos weit so scheint es, ist so traumhaft schön. Ich weiß nicht, warum es mich so anzieht, doch es fasziniert mich einfach. Es ist so tief und blau und der Horizont so unendlich und ewig.

Gestern hatte ich aus irgendwelchen Gründen, bei weniger Wind und Welle, Angst zu segeln und heute, wo es mehr ist, spüre ich das volle Leben in mir. Ich bin eins mit meinem Boot, spüre seine Bewegungen und gehe mit. Und ich bin im Einklang mit mir selbst, weshalb ich mich überhaupt auf mein Schiff einlassen kann. Solange ich an mir zweifle, kann Findus mir auch nicht den Weg zu mir selbst freigeben. Die Steine, die ich mir nicht selten selbst in den Weg lege, muss ich vorher beiseite schieben oder ich muss mich auf auf eine emotional turbulente Reise einstellen.

Heute verläuft die Reise zum nächsten Hafen glatt und nur kurz vor der Einfahrt zum Vorhafen wird es etwas ungemütlich. Flachwasser und eine entsprechende Welle sorgen dafür, dass ich Findus zum Anlegen nicht so vorbereiten kann, wie ich es gewohnt bin. Doch heute ist mir das egal. Ich sprudle vor Energie und Selbstsicherheit und spüre dieses positive und glückliche Gefühl hier zu sein.

In Gilleleje bin ich das erste Mal. Alles hier ist neu und ich bin positiv angetan vom Hafen. Fischerboote, moderne Yachten und mittendrin ein altes Werftgelände. Es ist die Mischung, die in diesem Hafen für ein gewissen Flair sorgt und mich hier sofort wohlfühlen lässt.

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