29. Juli 2022
Fjellebroen

Gestern Wind, heute wieder Flaute. Doch so schön es in Korshavn auch ist, es geht auch ohne Wind heute weiter. Nur knapp vier Meilen nördlich liegt Fjellebroen. Ein Hafen, über den ich so rein gar nichts weiß und dessen Name ich nur immer mal wieder auf der Seekarte gelesen habe. Für die kurze Etappe braucht es ohnehin nicht wirklich eine Segelgarderobe, weshalb die Flaute heute recht egal ist. Eine Meile vorm Hafen ist es flach und der Weg führt betonntes Fahrwasser. Die kurze Strecke zum von Korshavn bis Fjellebroen motore ich direkt.

Nach dem gestrigen Erfolg, sowohl beim Segeln, als auch was meine persönlichen Emotionen angeht, bin ich motiviert Neues zu entdecken. Der Hafen ist wieder größer, doch nicht überlaufen. Von weitem schon sieht man die vielen Masten und einige große Motorboote über die flache Hafemole ragen, doch voll ist es nicht.

Fjellebroen klingt irgendwie nach bergiger Landschaft und Felsen, was mich wiederum an Steine und somit an meinen Traum in die Schären zu gelangen erinnert, doch was ich vorfinde ist ein Hafen im Umbruch. Keine Berge, keine Steine. Die Steganlage scheint nagelneu zu sein. Die hölzernen Bohlen sind hell und offensichtlich noch nicht lange der Witterung ausgesetzt. Auch die Bänke zum entspannen auf den Brücken wirken unbenutzt. Was sagte ich gestern in Korshavn noch über Modernisierung? Hier hat sie offensichtlich begonnen und ich muss leider sagen, dass es bei mir einen eher kalten, statt gemütlichen Eindruck hinterlässt.

An Land ist der Fortschritt derweil noch nicht zu beobachten. Das Seglerheim ist zum Glück noch nicht erneuert und eine Dusche eher spartanisch mit fünf Kronen im Automaten möglich. Hier schließt man die Türen noch mit einem richtigen Schlüssel, statt nur Mithilfe eines drehbaren Türschlosses.

Auf der alten Mole liegt allerlei Krams. Vom Fischfanggerät bis zum altertümlichen und vollkommen verrosteten Traktor ist alles dabei. Hier schlendere ich ein paar Mal hin und her und verwandle das, was meine Augen aufnehmen direkt zu kleinen und vor mich hin gesponnen Geschichten in meinem Kopf. Das gefällt mir. Es gibt mir neben Input und neben meiner Fantasiewelt wirft dieses Sammelsurium auch ungeklärte Fragen auf. Wer sorgt dafür, dass bei Sturm und Wind nichts des hier Abgelegten ins Meer gelangt? Was passiert mit all dem rostigen Zeugs und den alten Plastkbehältern, die bereits zum Teil von Erde und Stein bedeckt am Boden liegen? Ich bin mir gerade nicht sicher, ob wirklich immer alles ordnungsgemäß entsorgt wird oder nicht hier und da doch einfach nur etwas unter den Teppich gekehrt wird.

So richtig wohl fühle ich mich hier nicht. Die Atmosphäre fehlt. Die Wärme und Geborgenheit. Die kommt erst am Abend, wie die Sonne beginnt zu sinken und mit ihrem Licht meine eher distanzierte Umgebung mit dem Wunder ihrer Farbenpracht beleuchtet. Es wirkt ein wenig wie eine Entschädigung für den tristen Hafen und nun endlich gefällt es mir hier auch.

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