4. Dezember 2022
Geburtstagssegeln

Es ist ein trüber Tag Anfang Dezember und den ganzen Vormittag über will es gar nicht erst richtig hell werden. Meine Stimmung am Morgen ist nach einer kurzen und unruhigen Nacht nicht unbedingt auf dem Höhepunkt, da diverse Gedanken des Vorabends in den nächtlichen Morgenstunden unangenehme Bilder in meine Träume projizierten, die mich auch nach dem Aufstehen noch nicht loslassen wollen. Erst der Überraschungskuchen meines Sohnes Lennart zum Frühstück zaubert mir wieder ein dankbares Lächeln ins Gesicht.

Heute ist mein Geburtstag und wie in jedem Jahr ärgert es mich, dass dieser Tag in der dunklen und trüben Jahreszeit liegt. Wie gern würde ich an Bord feiern. Mal alle liebgewonnen Freunde und Bekannte einladen, doch wie im letzten Post bereits erwähnt, ist mein Schiff zu klein für mehrere Gäste und bei Temperaturen nur knapp über dem Gefriepunkt ist eine Stehparty auf dem extrem rutschigen Steg oder im Cockpit meines Bootes auch nicht wirklich angezeigt. Nee, irgendwie passt es alles nicht.

In meiner Wohnung fühle ich mich unwohl. Was ich auch mache, in den vier Wänden an Land komme ich einfach nicht richtig an und so zieht es mich auch heute gegen Mittag zum Boot. Ich will segeln. Ich muss segeln, denn ich weiß, dass das Gefühl auf dem Wasser genau das Geschenk ist, was mir heute am meisten Freude bereitet und einem möglichen Blues entgegen wirkt.

Mein älterer Sohn begleitet mich heute, denn allein ist mir der Wind mit 20 Knoten von vorn doch etwas zu viel. Die dicken Winterklamotten halten zwar verdammt gut warm, doch empfinde ich meine Bewegungsfreiheit und somit die Schnelligkeit meiner Reaktionen als unangenehm eingeschränkt und bin froh darüber, dass Jannik nun als Rudergänger den Kurs hält, während ich diesen kleinen Törn auf der Innenförde genieße und nur gelegentlich an den Schoten der Segel rum spiele.

Das triste Grau bleibt, doch Wind und Wellen hellen meine Stimmung enorm auf. Findus liegt stabil auf der Seite und bahnt sich seinen Weg durch die entgegen rauschenden Wogen. Gischt peitscht dabei zu beiden Seiten empor und benetzt das Deck wieder und wieder mit Salzwasser. Auch wenn ich aktuell nicht die Pinne in der Hand halte und somit den Ruderdruck nicht spüre, so fühle ich dennoch die Kraft meines kleinen Schiffes. Ich spüre den Druck im Segel und fühle den Gegendruck vom Kiel, der das Boot konstant hält und durch die Wellen pflügen lässt. Immer wieder staune ich darüber, was das Material alles ab kann, während im meinem Hinterkopf immer auch ein wenig Respekt wiederhallt.

Ich sitze in Lee und erfreue mich an der schäumenden Gischt, die das Wasser klar und glitzernd aufwühlt, während Findus auf den Wellen reitet und das Wasser teilt, sobald er nach dem Aufsteigen auf einen Wellenkamm wieder hinab saust und sachte eintaucht in sein nasses Element. Zu zweit ist das so einfach absolut geiles Segeln.

Welle um Welle durchfährt Findus so und hin und wieder muss ich mich vor über spritzendem Wasser hinter meiner Sprayhood in acht nehmen. Doch nicht immer bin ich schnell genug und so bekomme ich das kalte Salzwasser auch ab. Herrlich. Leben. Fühlen. Spüren. Sein. Genau so war es heute richtig. Und so konnte das Grau des Tages die aufkeimenden grauen Gedanken in meinem Kopf direkt im Keim ersticken und mir trotz der Eintönigkeit des bevorstehenden Winters einen tollen Tag verschaffen.

Zurück im Hafen folgte dann für ein paar Stunden der gemütliche Teil des Tages. Heizung an, gedämpftes Licht, Kaffe und Kuchen und dabei die zahlreichen Geburtstagsglückwünsche lesen. Auch ohne Gäste an Bord war es ein verdammt schöner Tag, wobei ich nicht leugnen kann, den einen oder anderen doch gern dabei gehabt zu haben.

2 Kommentare

  1. frohes Geburtstag.
    ja grau und kalt.
    du bist nicht die einziege der hungert nach Sonne.
    schon wird die Tage länger
    ween meine komme ist Tag und Nacht gleich.
    gut du hast gute Kindern.

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