25. Juli 2023
Neustart

Wie lieb von euch allen mir auf den verschiedenen Kanälen Mut und Hoffnung zuzusprechen. Mir aufzuzeigen, was ich erreicht habe und wo ich jetzt und heute bin. Ich muss gestehen, damit hatte ich so wirklich nicht gerechnet. Es tat verdammt gut, eure lieben Kommentare und Nachrichten zu lesen und manches davon hat mich vielleicht sogar ein Stück weit wieder in die Realität zurück geholt.

Ja, das Wetter ist beschissen. Und ja, wir stellen uns selbstverständlich alle unseren Segelurlaub anders vor, als im kalendarischen Hochsommer bei 15°C, Sturm und Regen über die Ostsee und durch das idyllische südfünsche Inselmeer zu schippern. Wir möchten leicht bekleidet auf dem Sonnendeck liegen und die warmen Strahlen genießen, während der wolkenlose blaue Himmel uns neue Lebensenergie einhaucht. Wir möchten die warme Luft spüren, die an unseren Segeln vorbeiströmt und uns auf unseren wunderbaren großen oder kleinen Booten über die See treibt. Wir wollen grillen, im Cockpit anstoßen und in lauen Sommernächten lange Gespräche im Freien führen oder den sternenklaren Sommernachthimmel bestaunen. Wir wollen baden am Strand, SuP fahren oder vom ankernden Boot ins Wasser springen. Doch manchmal kommt es eben anders. Und das ist eigentlich auch gar nicht schlimm. Wir haben vielleicht alle gerade das Pech, dass unsere kostbaren freie Tage etwas ungünstig liegen, doch gleichzeitig haben wir alle auch ein verdammt großes Glück!

Wir lernen uns, jeder für sich, etwas besser kennen. Spüren was diese Zeit mit uns macht, wo sie uns hinbringt und wie wir mit diesen Emotionen umgehen. Traurigkeit und Wut sind nichts perse schlechtes, solange wir sie im Griff haben und ihnen Raum geben. Im Gegenteil, sie lehren uns sogar Demut. Sie helfen uns, uns von etwas zu verabschieden, was uns nicht gut tut und lassen Negatives raus, bevor es uns zerfrisst. Nach jeder Talfahrt geht es wieder bergauf und mich hat es dieses Mal gelehrt, dass ich nicht allein bin mit meinen Gefühlen und dafür bin ich (euch) dankbar.

Und es hat mich an einem vollkommen verregneten Hafentag auf die Koje gezwungen. Einfach nichts tun und faul sein. Den Kopf vom Chaos befreien und das System neu starten. Nichts sollen, nichts müssen. Einfach liegen, ein gutes Buch lesen, Löcher in die Decke starren, die Augen schließen und träumen. Dem Prasseln des Regens über mir an Deck lauschen und die Melodie der dicken und zarten Tropfen zuordnen. Wo kommen sie her? Von wo sind gefallen? Dem Pfeifen des Windes mit den Ohren folgen. In den Tag hineinleben ohne Druck und Stress. Einfach atmen und sonst nichts.

Was für ein unermessliches Glück ich habe auf meinem Boot sein zu können. Der Ort, der mir als Zuhause dient. Wo ich mich wohl fühle und ganz ich selbst sein kann. Diese 7,80m GFK Rumpf, gespikt mit Segeln und Motor und angereichert mit dem Wenigen, was ich brauche, sind mein größter Luxus und dessen bin ich mir sehr wohl bewusst.

Es war die Müdigkeit, die Energie gezogen hat. Das frühe Aufstehen um weiter zu kommen. Das ewige Wetter checken. Die langen Abende an denen ich wach auf der Koje lag und auf meine Tochter gewartet habe. Und letztlich war es auch der Vergleich, der mich runtergezogen hat. Der Blick aufs AIS, die vielen zumeist viel größeren Boote, die unterwegs waren. Die Pärchen, die mit vier Händen selbstverständlich andere Möglichkeiten haben wie ich mit nur zwei. Die Boote, die trotz Scheißwetter in den Hafen eingelaufen sind, während ich nicht raus gefahren bin.

Doch heute fahre ich raus. Der Wind kommt von achtern und mit gereffter Fock und ohne Großsegel wage ich mich langsam vorwärts. Vertrauen aufbauen und neuen Mut in mich selbst fassen. Die vier Meilen lange Betonnung vorm Südhafen sieht heute, aus anderer Perspektive, überhaupt nicht mehr bedrohlich aus. Im Gegenteil. Es dauert nicht lange, da rolle ich den Rest der Genua aus und später setze ich auch das Großsegel im ersten Reff. Was soll ich sagen? Es ist herrlich und macht verdammt Spaß.

Der Wind ist gnädig und konstant, der Strom zwar gegen mich, doch die Welle flach. Dem gesetzten Kurs nach Assens Folge ich nicht direkt, sondern bleibe noch ein wenig auf Halbwindkurs und fahre zwischen Bågø und Årø durch. Es ist herrlich. Mein Herz ist frei und leicht und der Blick um mich herum in die angedeutete Ferne macht mich einfach nur glücklich.

Nun ist es früher Abend geworden und es sind kaum noch Boote zu sehen. So langsam bricht der Wind weg und ich werfe einen letzten Blick zur Sonne. Es war richtig lis zu fahren und es tat gut unterwegs zu sein. Nach über fünf Stunden erreiche ich die Hafeneinfahrt von Assens und bin rundum zufrieden mit mir.

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