10. November 2022
Vollidioten unterwegs

Was für ein beschissenes Gefühl! Es ist kurz nach sieben Uhr am Morgen, als plötzlich mein Handy durch die Stille schrillt. Ich liege noch im warmen Bett, da mein Arbeitstag zur Zeit nicht ganz so zeitig beginnt und ich mir in der Früh ein paar Minuten länger gönnen kann. Erschrocken greife ich zum Telefon. Wenn um diese Zeit das Handy klingelt, KANN das nichts gutes heißen. Etwas ängstlich gehe ich ran, während ich auf dem Display den Namen meines Sohnes lese.

„Ich stehe hier auf Findus und die Backkistendeckel sind beide offen!“ Er fährt hin und wieder vor der Arbeit im Hafen vorbei und guckt, ob mit Findus und Lille Bjørn alles ok ist. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll und noch bevor ich Worte finde, fährt er fort:“Und neben Findus sind drei weitere Boote mit offenen Deckeln.“ Moment mal. Ich muss mich sammeln. „Aber das Steckschott ist zu, drinnen war niemand.“, höre ich jetzt seine Stimme durch das Telefon. Na immerhin, denke ich.

Er soll Bilder machen und sie mir schicken und bloß nix verändern. In Windeseile mache ich mich fertig. Schmiere noch schnell ein Pausenbrot für meine Tochter und verschiebe meine Arbeit um eine Stunde nach hinten. Ich muss zum Boot. Jetzt. Ich muss mir selbst einen Eindruck verschaffen.

Bei Findus angekommen ist alles ruhig. Ich gehe auf’s Boot und kann auf den ersten Blick nichts feststellten. Dennoch rufe ich jetzt die Polizei und melde den Vorgang. Dieser wird direkt an die WaschPo weitergeleitet, die sich nur wenige Minuten später bei mir meldet. Zwischenzeitlich kommt ein Nachbar vom Ende des Steges vorbei. Er hat an Bord übernachtet, doch leider hat er nichts Auffälliges gesehen oder gehört.

Zwei nette Polizeibeamte kommen nun vorbei und nehmen den Vorfall auf. Mittlerweile musste ich leider doch feststellen, dass ein 10 Liter Dieselkanister offensichtlich den Besitzer gewechselt hat und mein Drahtschneider nicht mehr so verstaut liegt, wie ich ihn hinterlassen habe. Auch die Tatzeit lässt sich eingrenzen, denn in meiner Backskiste liegt ein altes Handtuch. Es ist trocken. Leicht klamm natürlich aufgrund der Witterung, doch es ist nicht nass geregnet. Der Vorgang muss also in der Nacht nach dem Regen stattgefunden haben. Auch fremde Schuhabdrücke auf der Vorschiffluke konnte ich entdecken. Welcher Idiot latscht eigentlich zwei mal auf einen Lukendeckel? Ich bin froh, dass mein altes Schiff noch so robust ist und bei diesem Vorgang kein Schaden entstanden ist.

Die Beamten sind freundlich, können jedoch wenig ausrichten. Eine Anzeige ist dennoch gestellt. Wer weiß, ob das eine einmale Aktion war oder ob da noch mehr kommt. Ich bin da lieber etwas skeptisch und dokumentiere auch für mich selbst alles. Die Hafenmeister sind ebenfalls informiert. Ihre Sprechstunden in der Wintersaison gleichen einem Glücksspiel. Eigentlich trifft man sie nie an und so haben sie alles schriftlich bekommen.

Kaum sind die Beamten wieder weg, kommt eine Frau zu uns auf den Steg. Was es denn mit der Polizei auf sich habe und ob wir heute Nacht etwas bemerkt hätten. Hellhörig geworden frage ich nach. Ein paar Stege weiter hat sie auf ihren Boot übernachtet, wie mitten in der Nacht um etwa 0030 auf einmal jemand auf ihr Schiff springt und über Deck schleicht. Nur knapp hat sie ihn verfehlt und konnte nur noch sehen, wie er davon rannte. Ein Komplize, dunkel gekleidet stand derweil an Land. Bei der Flucht verlor der Täter seine Taschenlampe. Vielleicht hilft das der Polizei weiter? Ich bitte die neue Nachbarin, sich bei den Beamten zu melden, auch wenn es wahrscheinlich wenig Sinn macht, da die Täter offensichtlich nichts beschädigt haben und sich meinem Wissen nach nur meinen Kanister angeeignet haben. Drei der weiteren vier betroffenen Boote gehören zu den Leichen im Hafen, da wird sich keiner kümmern kommen. Und der vierte im Bunde ist ein Winterlieger. Wer weiß, ob der in den kommenden Monaten überhaupt mal vorbei kommen wird.

Unsere Stegtüren sind zu und können nur per Schlüssel, die den Hafenmeistern obliegen, oder durch ein Kartensystem geöffnet werden. Der Täter muss also entweder über eine solche Karte verfügen oder gut klettern können, denn die Seitenbegrenzungen des Eingangs gehen über den Steg hinaus und sind zudem gezackt. Einbruchsicher soll es wohl sein. Na man sieht ja, wie sicher sie sind.

1 Kommentar

  1. Wie ärgerlich! Auch wenn der Sachschaden nicht groß ist, die Aufregung und die Zeit, die man daran verschwendet, braucht man echt nicht.

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