12. Oktober 2023
Wenn nichts mehr geht…

….dann hilft mir Findus immer, wieder in meine Spur zu finden. Das Gleichgewicht in mir wieder herzustellen und mich zurück zu meinem Selbst zu führen. Ganz gleich um was es geht, die Stille auf dem Wasser, das Alleinsein nur mit mir und meinem Boot und das schlichte Sein füllen meinen Energietank, wie es sonst nirgendwo anders möglich ist. Und heute wurde es, nach fast vier Wochen, höchste Zeit, endlich mal wieder raus zu kommen.

Runtergekommen…

Die letzten Wochen war Findus stark gehandicapt und somit in seiner Box gefangen. Eine Verkettung unglücklicher Umstände hat mein Boot aufgrund meiner Unachtsamkeit lahmgelegt und es hat mich einiges an Zeit gekostet, alles wieder gerade zu biegen. Es fing damit an, dass die Verbraucherbatterie am Ende war und der Batteriemonitor bereits mit einem Warnsignal zu piepen begann. Sie war komplett am Ende und ließ sich nicht mehr laden. Nicht über Landstrom und auch nicht über den laufenden Motor. Irgendwie stimmte die Anzeige der Batterieüberwachung nicht und hat mich stutzig werden lassen.

Korrodiertes Relais

Nachdem ich anfangs die Lichtmaschine in Verdacht hatte (die Ladelampe am Startpanel leuchtete nicht mehr) und der Monteur dies bestätigte, stellte sich jedoch heraus, dass ein Relais in der Motorelektrik aus unerklärlichen Gründen Wasser gezogen hatte und die Anschlüsse korrigiert waren. Die Lichtmaschine konnte so keinen Erregerstrom bekommen und in Folge die Batterie nicht mehr laden.

Rottes Holz

Doch damit nicht genug. Beim Ausbau meiner Batterien musste ich feststellen, dass die Seitenwand in der Backskiste vollkommen durchgerottet war und das bröselige Holz nur noch durch eine dünne Farbschicht zusammengehalten wurde. Mit Glasfasermatten und Epoxid habe ich dem Ganzen neue Stabilität gegeben und bin froh, dass es sich nicht um ein tragendes Teil im Boot handelt. So dient meine improvisierte Reparatur lediglich der Optik und nicht der Statik.

Glasfasermatten mit Epoxid verklebt

Unterm Batteriebrett dann die nächste Baustelle. Ausgelaufener Diesel aus dem darüber liegendem Tank hat Mithilfe kleiner Bioorganismen für ordentlich Dieselpest in der Backskiste gesorgt, welche sich über einen längeren Zeitraum dort unten ungestört vermehren konnte. Der Einfüllstutzen am Tank war undicht und sollte jetzt aber wieder undurchlässig sein.

Abtauchen in die enge Backskiste
Dieselpest am Boden der Backskiste

Zum Schluss mussten die neuen Batterien wieder an Ort und Stelle. Hier hatte ich zum Glück Hilfe von einem Arbeitskollegen. Alleine hätte ich das so nicht geschafft, da mir einfach die Kraft in den Armen fehlt, die zwei 20 Kilo Klötze in der Backskiste und um die Ecke an Ort und Stelle zu verfrachten.

Alte Batterien

Doch nun ist alles wieder in Ordnung und ich bin unendlich froh darüber, dass Findus heute wieder einsatzbereit ist. Ich habe es einfach so unheimlich vermisst. Raus zu kommen und dabei anzukommen. Wieder ganz nah bei mir selbst sein zu können. Erst wenn etwas verloren scheint, spürt man, wie sehr man es vermisst. Und ich habe es vermisst. Auch wenn es nur ein knapper Monat war, in dem ich nicht mit meinem Schiff aus dem Hafen kam.

Es war vielleicht nur eine verhältnismäßig kurze Zeit, doch war es auch eine intensive Zeit der Entscheidungen und Entschlüsse, die weiterhin viel Neues und ein Groß an Ungewissheit und Veränderung mit sich bringen wird. Es war dabei nicht immer leicht, nicht einfach los segeln zu können, um den Kopf wieder klar zu bekommen und es gab Tage, an denen ich fast verzweifelt bin. Berufliche Neuorientierung, finanzielle Einbußen und emotionale Erkenntnisse lassen noch immer tagtäglich und oft auch bis spät in die Nacht hinein meinen Gedanken keine Ruhe.

Um so wichtiger ist es heute endlich los zu kommen. Körperliche Erschöpftheit, ein mentaler Tiefpunkt und ein längst überwunden geglaubter Herzschmerz forderten heute ihren Tribut und Tränen rannen am Morgen aus meinen Augen. Ein jeder kennt solche Tage, an denen die kleinste Kleinigkeit ausreicht, um ein Fass zum Überlaufen zu bringen. Heute war einer dieser Tage und ich wusste, wenn mich irgendetwas auf den Boden der Tatsachen zurück und wieder ins Gleichgewicht bringen kann, dann ist es mein Boot.

Und genauso ist es auch. Nach anfänglichem Zögern und ein paar tiefen Atemzügen, fällt auf dem Weg aus dem Hafen bereits alle Last von mir und ich spüre meine innere Freiheit erneut aufflamnen. Ich bin. Ich lebe. Ich liebe. Ja, ich liebe dieses Leben. Ich liebe dieses Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Mit seinen guten und seinen schlechten Tagen und mit den Erkenntnissen, die ich immer wieder neu dazu gewinne.

Segeln ist wie das Leben. Ich wünsche mir perfekte Bedingungen. Perfekten Wind, die perfekte See. Doch weder das Leben, noch das Wetter können immerzu nur perfekt sein und letztlich liegt es ja an mir, wie ich mit dem umgehe, was ich zur Verfügung habe. Heute ist nicht viel Wind und ein wenig mehr an Böen oder Grundwind wäre in der Tat wünschenswert, doch so habe ich mehr Zeit. Kann mehr genießen und fünfe gerade sein lassen. Kann bei mir selbst sein und Kraft schöpfen. Kann Energie tanken für die nächsten Tage und etwas von dem mitnehmen, was mich der heutige Tag lehrt.

Sei dankbar. Sei dankbar für das, was du hast und für das, was dein Leben ist. Nimm es an, wenn du traurig bist und sei ehrlich mit dir selbst. Sei zufrieden und glücklich mit allem, was dich ausmacht. Und im Zweifel geh einfach segeln….

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